Stellungnahme des VBE NRW zum Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung von Distanzunterricht
Grundsätzlich begrüßt der VBE NRW die Schaffung einer Rechtsgrundlage, die den Distanzunterricht bei epidemischem Infektionsgeschehen oder Extremwetterlagen ermöglicht.
Der VBE NRW nimmt zu einzelnen Aspekten wie folgt Stellung:
Zu § 1
Der VBE NRW weist daraufhin, dass das Einrichten eines Distanzunterrichts bei einer Extremwetterlage ohne die Gefährdung der Beschäftigten, der Erziehungsberechtigten und der Schülerinnen und Schüler umsetzbar sein muss. Dies gilt besonders für die Schulen, an denen die notwendige Ausstattung für einen digital durchgeführten Distanzunterricht noch nicht vorhanden ist und deshalb dafür gesorgt werden muss, dass ggf. Material- und Aufgabenpakete ausgegeben werden müssen.
Ein kurzfristiges Einrichten eines Distanzunterrichts, in der Form, die er in dem vorliegenden Entwurf beschrieben ist, ist zurzeit nicht an allen Schulen möglich. Demzufolge muss auch eine Extremwetterlage jeweilig nach Sachlage ein vorausschauendes und planbares Handeln im Vorfeld der Krisensituation ermöglichen.
Zu § 2 (2)
Vom Grundsatz her ist es aus Sicht des VBE NRW sinnvoll, dass die Schulleitungen über die Einrichtung von Unterricht mit räumlicher Distanz in engem und planvollem Austausch der Lehrenden und Lernenden entscheiden. Aus Sicht des VBE NRW ist es an dieser Stelle einerseits sinnvoll, explizit den Lehrerrat und die Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen (AfG) für die Lehrenden und die Schülerinnen- und Schülervertretung für die Lernenden zu benennen und andererseits die Schulpflegschaftsvorsitzenden, wenn möglich, in die Beratung aufzunehmen. Je nach der Situation vor Ort, besonders im Hinblick auf Extremwetterlagen, ist es aber notwendig, dass es Strukturen gibt, die es ermöglichen, dass Schulleitungen bei Bedarf eine schnell verfügbare Beratung und Entscheidungshilfe bekommen können. Gerade bei einer Extremwetterlage kann ein regional abgestimmtes Handeln sinnvoll sein, wenn es möglich ist.
Zu § 2 (3)
Aus Sicht des VBE NRW muss an dieser Stelle deutlich zwischen den Schulstufen unterschieden werden. Während die Aussagen der Entwurfsvorlage vom VBE NRW für die weiterführenden Schulen nachvollzogen werden kann, ist die Situation in den Grundschulen und einigen Förderschulen eine andere. Es muss klar kommuniziert werden, dass in den Grundschulen und Förderschulen (hier je nach Förderschwerpunkt) die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden (vgl. Stundentafel) im Distanzunterricht für die Schülerinnen und Schüler nicht mit der Zahl der Präsenzunterrichtsstunden gleichzusetzen ist. Aufgrund des Alters und der Entwicklung der hier betroffenen Schülerinnen und Schüler sind diese besonders auf den persönlichen Kontakt und die gemeinsame Interaktion in der Lerngruppe angewiesen und noch nicht in der Lage, mehreren Unterrichtsstunden täglich digital aufmerksam zu folgen oder sich eigenständig über mehrere Stunden mit Lern- und Materialpaketen auseinanderzusetzen.
Zu § 3 (4)
Der VBE NRW begrüßt, dass die Schule die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt, die stärker als andere auf Präsenzunterricht angewiesen sind, weist aber darauf hin, dass die besondere Hervorhebung der Eingangsklassen der Primarstufe sowie den Eingangs- und Abschlussklassen der weiterführenden Schulen nicht dazu führen darf, dass die Jahrgänge 3/4 und 7/8 aus dem pädagogischen Blick geraten. Je nach Länge eines epidemischen Infektionsgeschehens oder einer Extremwetterlage, müssen alle Schülerinnen und Schüler und demzufolge auch alle Jahrgänge in ihrer Wichtigkeit ernstgenommen werden und die Möglichkeit auf Präsenzunterricht erhalten können. Außerdem weist der VBE NRW darauf hin, dass Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf explizit benannt werden sollten, da sie, je nach Unterstützungsbedarf, besonders auf Präsenzunterricht angewiesen sind. In diesem Zusammenhang ist auch die Aufgabe der Schulbegleitungen/Inklusionsassistenzen im Distanzlernen rechtlich grundzulegen.
Zu § 3 (5)
Der Wunsch, dass Distanzunterricht auch für einzelne Schülerinnen und Schüler oder einen Teil der Schülerinnen und Schüler erteilt werden kann, ist aus Sicht des VBE NRW erst einmal nachvollziehbar. Dennoch sieht der VBE NRW diese Festlegung im Hinblick auf einen digital durchgeführten Distanzunterricht sehr kritisch. Die Unterrichtsstunden von Lehrkräften, die hierfür notwendig wären, sind in den meisten Systemen nicht vorhanden. Wenn andererseits auch eine digitale Zuschaltung in den Unterricht gemeint ist, sind die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben.
Zu § 3 (6)
Besonders der letzte Satz dieses Absatzes wird der Realität in einigen Schulen gerecht und es wird deutlich gemacht, dass Schülerinnen und Schüler im Rahmen der personellen und organisatorischen Möglichkeiten Aufgaben zur Bearbeitung in analoger Form erhalten, sofern der Distanzunterricht nicht digital erteilt werden kann. Auffallend ist die Aussage in der Begründung, dass die Schulen in diesem Fall zugleich die zuständige Schulaufsichtsbehörde kontaktieren sollen, um gemeinsam zu sondieren, welche Möglichkeiten bestehen, etwaige Hinderungsgründe für eine digitale Distanzbeschulung zu beseitigen. Der VBE NRW begrüßt, dass die Schulen nun in diesem Bereich Unterstützung durch die Schulaufsicht erhalten, für den Fall, dass es für die Kommunikation mit dem Schulträger notwendig ist.
In der Begründung zu § 3 wird auf Handreichungen und sonstiges Material zu methodischen und didaktischen Fragen des Distanzunterrichts verwiesen. Um in diesem Bereich der ständigen Entwicklung von Unterricht gerecht werden zu können, schlägt der VBE NRW vor, ein FAQ einzurichten, in dem aktuelle Fragen aus der Praxis beantwortet werden. Das könnte eine gute niederschwellige Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen sein.
Zu § 3 (7)
Der VBE NRW begrüßt, dass im Einvernehmen mit dem Schulträger Räume für den Distanzunterricht zur Verfügung gestellt werden müssen. Das ist in bestimmten Situationen unbedingt notwendig, besonders, wenn Kinder und Jugendliche im häuslichen Umfeld kein chancengerechtes und gleichwertiges Lernumfeld vorfinden.
Zu § 4 (3)
Es ist aus Sicht des VBE NRW Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass ihr Kind der Pflicht zur Teilnahme am Distanzunterricht nachkommt. Der VBE NRW macht aber deutlich, dass es Situationen gibt, in denen den Eltern und ihren Kindern schnellstmöglich Unterstützung angeboten werden muss. Einerseits muss sichergestellt sein, dass für den digitalen Distanzunterricht allen Schülerinnen und Schülern die nötige technische Ausstattung zur Verfügung steht oder für sie ein Lernraum, vgl. § 3 (7), vorhanden ist, der ebenfalls über eine gute digitale Ausstattung verfügt, falls diese benötigt wird.
Zu § 5
Die hier formulierten Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer sind mit einem hohen Anspruch verbunden, der vom Grundsatz her zu befürworten ist. Der VBE NRW sieht hier dennoch Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung einer dem Präsenzunterricht gleichwertigen pädagogisch-didaktischen Begleitung der Schülerinnen und Schüler.
Kommunikation und Interaktion sind im Distanzunterricht durchweg erschwert. Das betrifft besonders die Arbeit in den Schulen, die ihre Schülerinnen und Schüler mit analogen Lern- und Materialpaketen versorgen müssen, da ihnen die Ausstattung für einen digital durchgeführten Distanzunterricht fehlt.
Zu § 6
Die Erfahrung hat gezeigt, dass lange Zeiten im Distanzunterricht den Schülerinnen und Schülern in vielen Fällen nicht die gleiche Lern- und Leistungsentwicklung ermöglichen, wie der regelmäßige Präsenzunterricht. Daher müssen in diesem Fall notwendige Unterstützungsmaßnahmen mitgedacht werden, damit alle Kinder und Jugendlichen die Chance haben, die Lernziele zu erreichen.
Stefan Behlau
Landesvorsitzender VBE NRW
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